Der Weißstorch ist als Brutvogel in den Kreis Paderborn zurückgekehrt, nachdem er hier über ein halbes Jahrhundert ausgestorben war. Das vorläufig letzte wilde Weißstorch-Brutpaar im Kreis Paderborn wurde im Jahr 1954 dokumentiert – am Ufer der Lippe bei Salzkotten-Mantinghausen (damals noch Kreis Büren). Danach gab es Weißstörche im Kreis Paderborn über Jahrzehnte nur noch als Durchzügler, die hier gelegentlich rasteten.
Bis zum Jahr 2007 - da brüteten überraschend wieder drei wilde Weißstorch-Paare im Kreis Paderborn. Seither nahm der Brutbestand kontinuierlich zu. Inzwischen gehören Weißstörche in Teilbereichen von Salzkotten, Delbrück und Hövelhof wieder zu einem gewohnten Bild in der heimischen Kulturlandschaft.
Das Jahr 2020 war für die Weißstörche im Kreis Paderborn ein sehr erfolgreiches Jahr: Insgesamt 54 Weißstorch-Paare haben ein Nest bezogen und gebrütet. 48 Paare zogen erfolgreich Junge auf, wobei insgesamt 121 Jungstörche flügge wurden. Bei 6 Weißstorch-Paaren blieb die Brut erfolglos. Das entspricht einem durchschnittlichen Bruterfolg von 2,24 flüggen Jungvögeln pro Horstpaar.
Viele Weißstörche brüten auf Nestplattformen auf Masten, die von Privatpersonen oder durch die Naturschutz-Stiftung Senne errichtet wurden. Immer mehr Störche bauen ihre Nester aber auch auf anderen Unterlagen, z.B. auf Bäumen, auf Dächern oder sogar auf Strom-Leitungsmasten und Funkmasten. Als Kulturfolger brüten Weißstörche gerne in der Nähe menschlicher Siedlungen. Zur Nahrungssuche fliegen sie dann regelmäßig zu Feuchtwiesen oder Feuchtgebieten in die weitere Umgebung.
Die Weißstörche siedeln ausschließlich im nordwestlichen Teilbereich des Kreises Paderborn in den Niederungen von Ems und Lippe sowie ihrer Nebenbäche. Ein Hotspot der Weißstorch-Besiedlung hat sich auf dem Gelände des Tierparks Nadermann in Delbrück-Schöning entwickelt, wo im Jahr 2020 zehn Weißstorch-Brutpaare siedelten. Im Süden und Osten des Kreises Paderborn brüten keine Weißstörche; im Südkreis sieht man aber insbesondere im Spätsommer gelegentlich größere Trupps, die kurzzeitig auf Ackerflächen rasten und nach Nahrung suchen. Hierbei handelt es sich um Durchzügler auf dem Weg in ihr Winterquartier.
Wie schon in den Vorjahren wurde auch im Jahr 2020 einer Auswahl an Jungstörchen im Kreis Paderborn ein Ring der Vogelwarte Helgoland angelegt. Die Beringung erfolgte durch Michael Jöbges, Leiter der „Landes-Arbeitsgemeinschaft Weißstorch NRW“. Anfang Juni 2020 erhielten insgesamt 43 Jungstörche in 17 Nestern im Kreis Paderborn einen speziellen ultraleichten Kunststoffring an einem Bein. Mit einer Hebebühne, die von der Naturschutz-Stiftung Senne gemietet wurde, konnten die teilweise recht hohen Nester erreicht werden. Die noch nicht flugfähigen Jungstörche fallen bei Annäherung an das Nest in eine Bewegungsstarre („Akinese“), ein typischer Schutzreflex. Auf den Ringen der Vogelwarte sind Zahlen und Buchstaben eingeprägt, die mit Hilfe von Fernrohren oder Teleobjektiven auch im Freiland abgelesen werden können. So kann beispielsweise ermittelt werden, wo die Jungstörche den Winter verbringen und wo sie sich in den nächsten Jahren ansiedeln.
Auch NRW-weit ist die Bestandsentwicklung des Weißstorchs weiterhin positiv. Während es vor 30 Jahren im Jahr 1990 in ganz Nordrhein-Westfalen nur noch drei Storchenpaare gab (alle im Kreis Minden-Lübbecke), stieg deren Zahl danach Dank intensiver Schutzbemühungen allmählich wieder. Landesweit wuchs die Zahl der Brutpaare bis zum Jahr 2018 bereits auf 329 Paare an (Quelle: Landes-Arbeitsgemeinschaft Weißstorch NRW).
Da der Weißstorch in Nordrhein-Westfalen inzwischen erfreulicherweise nicht mehr als gefährdete Art anzusehen ist, beabsichtigt die Naturschutz-Stiftung Senne zukünftig keine zusätzlichen Nestplattformen mehr aufzustellen (bzw. nur noch in begründeten Ausnahmefällen). Die vorhandenen Storchennester sollen aber auch zukünftig betreut werden.